Wutanfälle bei HSP sind durchaus heftig.

Wutanfälle bei hochsensiblen Erwachsenen: Ursachen & Hilfe

Episode Nr. #083

09.04.2024

Wutanfälle bei hochsensiblen Erwachsenen

Wut ist bei hochsensiblen Menschen oft keine „Laune“, sondern eine Schutzreaktion des Nervensystems. In dieser Episode erfährst du, welche Auslöser typisch sind, was in deinem Körper passiert und welche Strategien dir im Alltag wirklich helfen – sofort und langfristig.

Hochsensibel zu sein bedeutet oft, mehr wahrzunehmen, mehr zu fühlen – und manchmal auch: mehr zu reagieren.
Wut gehört dazu. Auch wenn viele hochsensible Menschen sich genau dafür schämen.

Vielleicht kennst du das auch:

Du explodierst – scheinbar grundlos.
Und hörst dann Sprüche wie:
„Stell dich nicht so an!“
„Du brauchst ein dickeres Fell.“
„Reiß dich halt mal zusammen.“

Doch das hilft dir kein Stück. Im Gegenteil: Es verletzt.

In diesem Beitrag erfährst du, warum Wutanfälle bei hochsensiblen Erwachsenen keine Schwäche sind – sondern ein wichtiges Signal. Und vor allem: wie du lernen kannst, mit deiner Wut besser umzugehen.

Auslöser verstehen

Wutanfälle entstehen bei Hochsensiblen häufig dann, wenn zu viele Reize gleichzeitig einwirken oder persönliche Grenzen verletzt werden. Auch das Gefühl von Ohnmacht – etwa, wenn man nicht ernst genommen wird – kann ein starker Auslöser sein.

Übung: Notiere dir eine Woche lang in einem kleinen Tagebuch, in welchen Situationen deine Wut am stärksten war. Markiere, ob es eher Reizüberflutung, Grenzverletzung oder Ohnmacht war.

Was im Nervensystem passiert

Bei einem Wutanfall schaltet dein Körper in den „Alarmmodus“: Fight, Flight oder Freeze. Adrenalin schießt ins Blut, das Herz rast und klare Gedanken sind kaum möglich. Das Nervensystem will dich schützen – auch wenn es im Alltag oft übertrieben wirkt.

Übung: Beobachte bewusst deine ersten Körpersignale (Herzschlag, Hitze, Anspannung). Schon dieses Erkennen kann helfen, rechtzeitig gegenzusteuern.

Typische Alltagssituationen, die HSP emotional überfordern können

  1. Reizüberflutung in lauten, vollen Umgebungen
    Beispiel: Du stehst im Einkaufszentrum – Musik, Stimmengewirr, Neonlicht. Dein Nervensystem läuft auf Hochtouren. Die Folge? Reizüberflutung, Stress – und irgendwann: Wut.

  2. Soziale Überforderung
    Große Feiern, Smalltalk-Runden oder konfliktreiche Gespräche: Was andere vielleicht als normal empfinden, kann dich emotional erschöpfen – und aggressiv machen, wenn du dich nicht zurückziehen kannst.

  3. Gefühl, nicht verstanden zu werden
    Im Job wirst du oft als „zu emotional“ wahrgenommen, obwohl du einfach nur feine Antennen hast. Dieses ständige Missverstandenwerden führt zu innerem Frust – der irgendwann platzt.

  4. Unerfüllte Bedürfnisse in Beziehungen
    Wenn du das Gefühl hast, nicht gesehen oder gehört zu werden, ist Wut oft ein letzter Ausdruck von Schmerz. Sie zeigt: „Hier wurde eine Grenze überschritten.“

  5. Kontrollverlust im Alltag
    Du brauchst Ruhe – aber draußen wird gebohrt. Du hast dir Zeit für dich eingeplant – plötzlich ruft jemand an. Diese Störungen wirken bei HSP wie kleine Explosionen – weil sie so tief gehen.

Soforthilfe (5-Minuten-Plan)

Wenn die Wut kommt, brauchst du schnelle Tools:

  • Atme im Rhythmus 4 Sekunden ein – 6 Sekunden aus.

  • Halte kurz kaltes Wasser an deine Handgelenke oder ins Gesicht.

  • Umfasse deine Schultern fest (Selbstumarmung), um Halt zu spüren.

  • Sag einen klaren Exit-Satz: „Stopp – ich komme gleich wieder.“

Übung: Such dir ein Tool davon aus und übe es in ruhigen Momenten. So kannst du es im Ernstfall leichter abrufen.

5 Tipps, wie du als hochsensible Person besser mit deiner Wut umgehst

  1. Wut verstehen statt verdrängen
    Wut ist kein Fehler. Wut ist ein Hinweis. Sie zeigt dir: Hier ist ein Bedürfnis unerfüllt. Eine Grenze verletzt. Etwas stimmt nicht.
    Frage dich beim nächsten Mal:

  • Was hat mich gerade wirklich getriggert?

  • Welches Bedürfnis steckt hinter meiner Wut?

  • Was bräuchte ich jetzt stattdessen?

 

  1. Tagebuch führen – mehr als nur Schreiben
    Viele belächeln es – aber: Tagebuchschreiben ist ein machtvolles Tool zur Selbstklärung. Es hilft dir, deine Gefühle zu sortieren und Muster zu erkennen.

So unterstützt dich ein Tagebuch:

  • Du bekommst Klarheit über deine Gefühle

  • Du findest Lösungen durch Reflexion

  • Du stärkst dein Selbstwertgefühl durch Erfolge

  • Du entwickelst mehr Selbstakzeptanz

  • Du bleibst an deinen Zielen dran

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  1. Achtsamkeit: Präsenz statt Reaktion
    Achtsamkeit bedeutet, im Hier & Jetzt zu sein – ohne Bewertung. Sie hilft dir, deine Emotionen wahrzunehmen, bevor sie dich überrollen.

Vorteile für HSP:

  • weniger Reizüberflutung

  • besseres Stressmanagement

  • mehr Selbstakzeptanz

  • sanftere Reaktionen

Tipp: Kombiniere Achtsamkeit mit Tagebuch – für eine tiefe, nachhaltige Veränderung.

  1. Grenzen setzen – liebevoll, aber klar
    Nein sagen ist keine Unhöflichkeit, sondern Selbstfürsorge. Gerade als HSP darfst du lernen, dich abzugrenzen – bevor du dich verlierst.

Frage dich regelmäßig:

  • Wo brauche ich gerade Raum für mich?

  • Welche Verpflichtung kostet mich zu viel Energie?

  • Wem sage ich heute freundlich, aber bestimmt: Nein?

 

  1. Wut konstruktiv ausleben
    Wut darf sein – aber sie braucht ein gesundes Ventil.
    Beispiele:

  • Bewegung (Joggen, Boxsack, Tanzen)

  • Kreativer Ausdruck (Malen, Schreiben, Musik)

  • Gespräche mit Menschen, die dich wirklich verstehen

Wichtig: Nicht runterschlucken – aber auch nicht explodieren. Finde deinen Weg, Emotionen durch den Körper zu leiten.

Langfristige Strategien

Damit Wut nicht immer wieder überrollt, ist Vorbeugung wichtig. Achte auf ausreichend Schlaf, feste Routinen und gute Selbstfürsorge. Ein Trigger-Tagebuch hilft dir, Muster zu erkennen. Nach einem Ausbruch kannst du die Situation rügefrei besprechen – ohne Schuldzuweisung, sondern mit Fokus auf Lösung und Verständnis.

Übung: Schreibe dir drei Situationen auf, in denen du künftig früher „Stopp“ sagen möchtest, und überlege dir jeweils einen klaren Satz dafür.

Beziehungsebene

Auch Angehörige und Partner:innen spielen eine Rolle. Hilfreich sind gemeinsame Absprachen, etwa ein Signalwort oder eine Pausenvereinbarung, die beide kennen. So wird Wut weniger als Angriff, sondern als „Überlastungssignal“ verstanden.

Übung: Vereinbare mit einer nahestehenden Person ein gemeinsames Pausen-Signal, das ihr ab sofort nutzen könnt.

Wann professionelle Hilfe sinnvoll ist

Wenn du merkst, dass deine Wut dich oder deine Beziehungen dauerhaft belastet, hol dir Unterstützung.
Ein Coaching  – idealerweise mit Erfahrung im Bereich Hochsensibilität – kann dir helfen, deine Muster zu verstehen und neue Strategien zu entwickeln.

💬 Wenn du magst, vereinbare gern ein kostenloses Orientierungsgespräch mit mir. Wir schauen gemeinsam, was dich gerade belastet – und was du brauchst. Jetzt Termin buchen

Deine Wut will dir etwas sagen

Wutanfälle bei hochsensiblen Erwachsenen sind kein Zeichen von Schwäche – sondern von emotionaler Tiefe.
Sie zeigen dir: Hier stimmt etwas nicht. Hier braucht es Veränderung.

Mit mehr Selbstbewusstsein, Achtsamkeit und einem klaren Nein, wenn es nötig ist, kannst du lernen, deine Wut als Wegweiser zu nutzen – nicht als Problem.

🌿 Du darfst deine Hochsensibilität annehmen. Und du darfst gut für dich sorgen.

Häufige Fragen

Ist Wut bei HSP normal?
Ja. Wut ist bei Hochsensiblen meist ein Zeichen von Überlastung oder Reizüberflutung – und keine Charakterschwäche.

Wie erkläre ich das meinem Umfeld?
Nutze Ich-Botschaften („Ich bin gerade überreizt“) und klare Pausen-Signale. So versteht dein Gegenüber, dass es nicht persönlich gemeint ist.

Was, wenn es immer wieder passiert?
Dann helfen feste Routinen, ein Trigger-Journal und einfache Körperübungen. Wiederholung schafft Sicherheit und reduziert die Häufigkeit.

Nicole Führing
Nicole Führing | Expertin für HSP & Scanner | Endlich. Selbst. Werden.