#034 – HSP und ihr Umgang mit Kritik & Selbstzweifel

Episode Nr. #034

02.05.2023

HSP und ihr Umgang mit Kritik & Selbstzweifel

Ich bin normalerweise kein Fan von Verallgemeinerungen, aber in meiner Erfahrung als Coach und Beraterin habe ich oft festgestellt, dass viele Hochsensible unter starken Selbstzweifeln leiden, die sie daran hindern, das volle Potenzial ihres Lebens auszuschöpfen.

Sie zweifeln häufig an ihren Fähigkeiten und Leistungen und setzen sich hohe Ansprüche, die sie meist nicht erfüllen können. Da sind wir wieder beim Perfektionismus. Und dieses hohe Maß an Perfektionismus kostet wertvolle Energie, die eher für die persönliche Entfaltung und das selbstbewusste Ausleben der eigenen Talente benötigt wird.

Viele Hochsensible bleiben daher weit hinter ihren wahren Möglichkeiten und ihrer Größe zurück.

Menschen, die intensiv empfinden, haben zudem oft Schwierigkeiten, Kritik zu ertragen. Im Vergleich zu anderen wirkt Kritik bei ihnen nachhaltiger und hinterlässt negative Schatten oder schlägt ihnen aufs Gemüt. Insbesondere Hochsensible tendieren dazu, sich selbst zu hinterfragen und schneller als andere anzunehmen, dass sie versagt haben oder nicht gut genug sind.

Vielleicht kennst Du das auch? Ein oder zwei Sätze, die tief treffen und lange im Gedächtnis bleiben.

Du denkst immer wieder darüber nach, manchmal sogar tage- oder wochenlang.

Diese Sätze bleiben nicht nur im Kopf, sondern hängen sich auch ins Gefühl und treffen Dich tief.

Vielleicht hast Du auch schon oft Sätze wie „Nimm das nicht so ernst!” oder „Du denkst zu viel nach!” gehört und Dich dabei unverstanden gefühlt.

Hochsensible Personen tragen solche Äußerungen meist länger mit sich rum, als normal sensible. Und diese hohe Empfindsamkeit kann sich darin äußern, dass Du noch lange nach dem Anblick eines verletzen Tieres emotional aufgewühlt bist, Filmszenen noch Monate später präsent sind und selbst das leiseste Geräusch ein starkes Gefühl auslösen kann.

Einige Hochsensible haben bereits in ihrer Kindheit bemerkt, dass sie anders sind, aber statt Anerkennung ernteten sie Unterdrückung und Unverständnis oder wurden sogar ausgelacht.

Besonders bei Männern, die oft dazu erzogen wurden, ihre Gefühle zu unterdrücken oder gar nicht erst zu zeigen, kann das zu einer fatalen Situation führen. Und das nicht nur wenn sie gleichzeitig hochsensibel sind. Sie fühlen sich dann wie von einem anderen Stern. Die mangelnde Wertschätzung ihres „besonderen seins“ hat dazu geführt, dass diese Männer (und natürlich auch Frauen) zu „Kopfmenschen” geworden sind, die versuchen alles richtig zu machen und vielleicht sogar zu kontrollieren.

Sie handeln also entgegen ihrer Intuition und verlernen auf ihr Bauchgefühl zu hören. Für diese „umprogrammierten” Hochsensiblen ist es besonders schwierig, ihre Gabe anzuerkennen und gleichzeitig ihre Fähigkeit zu fühlen zurückzugewinnen und auf ihre innere Stimme zu vertrauen. Aber wenn sie das auf Dauer nicht tun, verleugnen sie sich selbst und leiden still.

Ich finde es deshalb wichtig, dass Hochsensible ihre eigenen Stärken bewusst kennen und sich im Falle von Kritik auf diese besinnen. Indem sie ihre positiven Eigenschaften als Pluspunkte auflisten und anerkennen, was gut läuft und sie einzigartig macht, können sie besser mit Kritik umgehen.

Ich muss zugeben, dass ich mit Kritik nicht immer wirklich gut umgehen kann. Ich hatte schon in der Schule das Gefühl, dass all meine Anstrengungen nie ausreichend waren und ich trotzdem oft kritisiert wurde. Und dabei war ich nicht mal eine schlechte Schülerin. Vermutlich hat mich auch hier mein Hang zum Perfektionismus selbst getäuscht.

Ich kenne daher aber so ziemlich alle Arten von Kritik: Kritik als Druckmittel, als Machtspiel oder aus Angst. Auch die sogenannte „konstruktive” Kritik, die freundlich verpackt ist, finde ich nicht sonderlich hilfreich. Kritik, die nicht auf Augenhöhe formuliert und respektvoll dargebracht wird, belastet mich einfach.

Lange Zeit konnte ich mit solcher Kritik aus persönlichen Gründen nicht umgehen. Ich hatte Angst vor Konfrontationen und fühlte mich durch Aussagen wie „Das kannst Du nicht“ oder „Du musst dich mehr anstrengen!” verletzt. Außerdem finde ich diese Machtspielchen einfach unterirdisch und nicht mehr zeitgemäß.

Über die Arbeit an meinen vorherrschenden Glaubenssätzen bin ich dieser Herausforderung dann auf die Schliche gekommen.

In Folge #011 hatte ich schon mal die 3 häufigsten GS erwähnt:

1 Meine Wahrnehmung ist falsch / Ich nehme Dinge wahr, die für andere gar nicht spürbar sind.

2 Starkes Harmoniebedürfnis: Ich bin nicht sonderlich konfliktfähig.

3 Ich bin (hier) verkehrt. / Ich bin irgendwie anders. / Ich bin irgendwie nicht von dieser Welt.

Kommt Dir sicher bekannt vor, oder?

Auch ich war ein Opfer dieser Überzeugungen. Durch meine Selbstzweifel habe ich meine Erwartungen an mich ständig erhöht und versucht, alle beruflichen, gesellschaftlichen und familiären Anforderungen perfekt zu erfüllen. Ich war bemüht, mich perfekt in die vorgegebenen Rahmenbedingungen einzufügen und meine Anpassungsversuche waren erschöpfend und selbstverleugnend.

Ich wollte unbedingt dazu gehören, meinen Lebensunterhalt verdienen und meine Freizeit genießen wie alle anderen. Aber alle meine Anstrengungen ließen mich nur noch mehr ausbrennen und ich zweifelte mehr und mehr an mir selbst. Ich fühlte mich immer kleiner und unpassender, während alle anderen in meinem Umfeld scheinbar zufrieden waren und ihr Leben meisterten.

Anstatt die Rahmenbedingungen meines Umfelds zu hinterfragen, zweifelte ich immer mehr an mir selbst.

 

Wie gehst Du mit Kritik um?

 

Und viele Hochsensible tun dasselbe und versuchen verzweifelt, sich den vorgegebenen Bedingungen anzupassen. Erst als ich meine Überzeugungen erkannte und hinterfragte, konnte ich meine Selbstzweifel überwinden und meine Talente zum Wohle aller nutzen.

Nachdem ich meine eigenen Überzeugungen erkannt und abgelegt hatte, begann meine Selbstbefreiung. Dadurch konnte ich meine Talente entfalten und wieder Freude am Leben und an der selbstverantwortlichen Gestaltung meiner Lebensbedingungen finden. Ich hörte auf, mich zwanghaft an das anzupassen, was der Arbeitsmarkt oder mein Freundeskreis von mir erwarteten, und begann, mein Leben nach meinen eigenen Vorstellungen zu gestalten.

Und plötzlich bemerkte ich, wie wertvoll meine Ideen und Impulse für meine Kollegen und Kooperationspartner waren. Meine Fähigkeit zu vernetztem Denken und meine Einstellung zur Nachhaltigkeit und zum Miteinander waren wichtige Beiträge für Projekte und Entscheidungen. Ich konnte meine Stimme für meine Überzeugungen erheben, meine Meinung in Diskussionen einbringen und konstruktiv meine Empfindungen ausdrücken- das alles war mir erst möglich, nachdem ich meine Selbstzweifel abgelegt hatte.

Selbstreflexion und eine gesunde Innenschau sind nun fester Bestandteil meines Lebens. Durch achtsame Selbstbetrachtung werde ich nicht klein wie durch Selbstzweifel, sondern kann mich vor Selbstgefälligkeit und Überheblichkeit warnen. Gelegentlich erlebe ich auch diese Eigenschaften an mir, aber das ist normal.

Eine gesunde Selbstreflexion hilft mir, über mich selbst hinauszuwachsen, mich in herausfordernden Situationen und im Umgang mit aufwühlenden Emotionen auf den richtigen Pfad zurückzubringen.

Es ist wichtig zu betonen, dass eine gesunde Selbstreflexion uns hilft zu wachsen und aus Fehlern zu lernen, während ausgeprägte Selbstzweifel zerstörerisch wirken und uns unserer Stärken berauben können.

Wir alle haben Stärken, die uns als Geschenk an die Welt gegeben wurden.

Wo ordnest du dich ein?

Empfindest du dich eher als (übertrieben) selbstzweifelnd oder im gesunden Maße selbst reflektiv?

Schreib mir dazu gerne eine Nachricht.

Wie kannst Du jetzt ab sofort üben mit Kritik und Selbstzweifel besser umzugehen?

Tipp Nummer 1: Die Verletzung liegt woanders

Jedes Mal, wenn ich heftige Wut verspüre, begleitet von Hilflosigkeit, Kampflust oder Fluchtreflexen, insbesondere in Bezug auf Kritik, weiß ich, dass ein alter wunder Punkt in mir getriggert wurde. Obwohl solche Situationen mich sehr aufwühlen können, erkenne ich auch ihre wertvolle Bedeutung für meine persönliche Weiterentwicklung.

Sobald ich die alte Verletzung erkenne, kann ich auch die schädlichen Überzeugungen und Vermeidungsstrategien aufdecken, die aus dieser Wunde entstanden sind. Wenn sie nicht mehr nützlich sind, kann ich sie leicht durch positive Überzeugungen ersetzen. Und der erste Schritt dahin sind die positiven Überzeugungen. Wenn Du selbst Schwierigkeiten hast, die passenden Formulierungen dafür zu finden, dann folge mir gerne auf Instagram. Mein Profil findest Du unter frau UNTERSTRICH sensibel – ich verlinke es auch einfach mal in den Shownotes. Unter dem Punkt Affirmationen findest Du zahlreiche Anregungen, die Du einfach für Dich nutzen kannst.

Tipp Nummer 2: Relativiere Deine Glaubenssätze

Nehmen wir hier als Beispiel den ersten der 3 häufigsten Glaubenssätze hochsensibler Menschen:

1 Meine Wahrnehmung ist falsch / Ich nehme Dinge wahr, die für andere gar nicht spürbar sind.

Sei Dir stets bewusst, dass die eigene Wahrnehmung absolut richtig ist. Jeder Mensch hat seine eigene Perspektive und aus dieser heraus ist die Wahrnehmung immer korrekt. Im Austausch mit anderen können sich jedoch neue Sichtweisen eröffnen und die eigene Wahrnehmung erweitern. Trotzdem bleibt es stets die eigene, ureigene Wahrnehmung, der Du vertrauen darfst, um ein glückliches und gesundes Leben führen zu können.

Es geht hier eher um die Annahme Deiner besonderen Gabe, der Hochsensibilität.

 

Tipp Nr. 3 Tausche Deine Selbstzweifel gegen die Selbstreflexion

Sobald du deine Andersartigkeit erkannt und akzeptiert hast, ist es nun an der Zeit, Deine neu entdeckten Qualitäten in dein Leben zu integrieren. Sie sollten als wertvolle Werkzeuge und Talente betrachtet werden, die es zu pflegen und zu achten gilt. Sie verdienen es, dass du deinen Alltag entsprechend auf sie abstimmst! Dazu gehören achtsame Pausen und auch die Reflexion. Mach Dir bewusst, warum Dich eine bestimmte Situation getriggert hat und welche Zweifel in Dir aufgekommen sind. Und dann stell Dir die Frage: Ist das wirklich wahr?

In den meisten Fällen kannst Du Dir nicht sicher sein, dass Deine Zweifel wirklich wahr sind. Du hast nur sehr lange geübt und/ oder gelernt Dir diese Dinge einzureden. Hör damit auf und leg eine neue Platte auf. Erkenne an, wer Du bist und was Du gut kannst. Denk an die Liste mit den Pluspunkten und mach Dir Deine Stärken immer wieder bewusst.

Auch das ist Übungssache und zu Beginn fällt es Dir vielleicht nicht so leicht. Nutze daher gerne die positiven Affirmationen auf meinem Instagram Kanal frau_sensibel für Deine ersten Übungsversuche. Unter dem Reiter „Affirmationen“ kannst Du diese kostenfrei aufrufen und wenn Du mir auf Instagram folgst, bekommst Du regelmäßig eine Info, wenn eine neue Affirmation dazukommt.

Du wirst schon nach kurzer Zeit eine positive Veränderung feststellen.

Sehen wir uns bei Instagram?

Nicole Führing
Nicole Führing | Expertin für HSP & Scanner | Endlich. Selbst. Werden.