In diesem Beitrag möchte ich das Thema Hochsensibilität bei Kindern ansprechen.
Wir sprechen über hochsensible Kinder, in der Abkürzung auch HSK bezeichnet und damit ein bisschen Licht ins Dunkel bringen.
Ich möchte, dass du nicht mehr auf wohlmeinende Ratschläge hörst wie „Dein Kind ist viel zu still“ oder „Dein Sohn ist aber stur“ und „Deine Tochter ist aber zurückgezogen und nachdenklich“.
Ich erkläre dir, was Hochsensibilität wirklich bedeutet und wie du erkennst, ob dein Kind dazu gehört.
Der spannenden Wesenszug der Hochsensibilität bei Kindern.
Falls du neu dabei bist, möchte ich zu Beginn noch einmal betonen.
Hochsensibilität ist keine psychische Störung, sondern eine charakterliche Disposition.
Ein Merkmal der Persönlichkeit deines Kindes.
Hochsensible Kinder nehmen ihre Umwelt intensiver wahr und sind daher oft sensibler und auch vorsichtiger als andere. Sie sind zudem oft sehr klug und reif, aber können auch gleichzeitig leicht verletzlich und nachdenklich sein, wirken oder erscheinen.
Was bedeutet das im Alltag?
Stell dir vor, du holst dein Kind vom Kindergarten, von der Schule mit anderen Kindern, Lehrern, Lehrerinnen, Bezugspersonen oder Betreuerinnen und Betreuern.
Dann kommen so Sprüche wie „Also wenn das mein Kind wäre, würde es essen, was auf den Tisch kommt.“ Oder „Dein Sohn ist so still. Hast du schon mal dran gedacht, mit ihm zum Arzt zu gehen?“ „Vielleicht sollte sich das mal ein Psychologe anschauen.“ Oder „Die Diana ist aber auch schon sehr klug und reif für ihr Alter. Aber sie scheint viel zu nachdenklich. Belastet dich das nicht, dass sie so unglücklich und nicht so sorglos ist wie andere Kinder?“ Vielleicht hast du auch schon mal gehört: „Julia ist so verletzlich. Sie weint sogar, wenn andere Kinder gehänselt werden“ vor den Betreuern. Oder „In der Kindergartengruppe nehmen alle an den gemeinsamen Aktivitäten teil. Nur ihr Sohn weigert sich. Ist er zu Hause auch so stur?“
Wenn du diese Aussagen von Verwandten, Lehrern oder Betreuungspersonal kennst, bist du nicht allein. Ich möchte mit Beitrag, Missverständnisse im Bezug auf das Thema Hochsensibilität aber Kindern aus dem Weg räumen und eine andere Sichtweise auf diese faszinierenden Kinder ermöglichen.
Ich war ja selbst so ein HSK. Also hochsensibles Kind. Meine Eltern kannten diese Bezeichnung zu diesem damaligen Zeitpunkt noch nicht. Inzwischen sage ich immer wieder:
„Das Leben wird vorwärts gelebt und rückwärts verstanden.“
Und wenn ich jetzt an bestimmte Situationen aus meiner Kindheit denke, dann verstehe ich, warum ich mich damals so gefühlt habe und warum meine Eltern vielleicht so gehandelt haben.
Ein gutes Beispiel dafür ist das Hänseln in der Schule. Früher hieß das „Hänseln“, heute würde man von Mobbing sprechen.
Ich war dieses Kind, was natürlich sehr anfällig für bestimmte Trigger war und immer wieder provoziert wurde. Ich habe da wirklich drauf reagiert. Mir wurde ganz oft gesagt: „Dann reagier doch nicht“ „Geh doch einfach weg“ oder „Lass Dich doch nicht ärgern“ und so weiter. Das ging für mich gar nicht.
Also war ich das Kind, das gehänselt wurde. Funktionierte ja gut. Und ich war auch das Kind, was dann immer regelmäßig zum Lehrer gegangen ist. Der hat mir dann gesagt: „Ja Nicole, natürlich bist du wieder in dieser Pause bei mir und du bist immer die erste. Und das in jeder Pause. Weißt du, es gibt auch noch andere Kinder auf dieser Welt.“ Und was ich mir nicht alles habe anhören müssen. Statt Unterstützung erhielt ich Kommentare wie: „Schaff Dir einfach ein dickeres Fell an“ oder „Geh der Situation aus dem Weg“. Im Endeffekt bin ich der Situation in der Art und Weise aus dem Weg gegangen, dass ich mitgeteilt habe: „Es geht mir nicht gut.“
Ich habe meine Gefühle im Kopf als Kopfschmerzen wahrgenommen. Das habe ich dann auch benannt, wenn meine Mutter gefragt hat, warum ich traurig aus der Schule kam oder was denn los ist. Dann habe ich gesagt „Ich habe Kopfschmerzen“.
Ich war es leid, immer wieder zu erzählen,
Das es nicht verstanden wurde, was in mir vorgeht und zur damaligen Zeit vielleicht auch nicht akzeptiert war.
Also ist meine Mutter mit mir von Pontius zu Pilatus. Zu Fachärzten, Internisten etc. Ich wurde von oben bis unten durchgecheckt und die haben nichts gefunden.
Selbstverständlich haben die nichts gefunden, weil im Endeffekt war ich gern gesund. Ich habe es nur so gespürt.
Also habe ich gedacht: „Ich bin nicht richtig.“
Das, was ich spüre, was ich wahrnehme, das kann man nicht sehen.
Ich möchte dafür eine Lanze brechen, dass ihr euren Kindern zuhört, dass ihr fragt
Sprecht mit euren Kindern so, dass sie eine Möglichkeit haben, das zu transportieren. Und meine Kopfschmerzen sind hier nur ein Beispiel. Das können auch Rückenschmerzen, Halsschmerzen oder sonst was sein.
Halsschmerzen vielleicht, wenn sie sich nicht äußern können oder nicht sicher sind, was sie sagen können.
Rückenschmerzen, wenn ihnen zu viel oktroyiert wird, wenn sie zu viel Druck bekommen, dann kann sich das gerne im Rücken äußern.
Das beunruhigt dich wahrscheinlich auch, wenn du jetzt diese oder ähnliche Aussagen, wie wir sie eben gehört haben, zu deinem Kind hörst. Du selbst nimmst es vermutlich ganz anders wahr. Eher aufgeschlossen, fröhlich, lebendig und mitfühlend.
Wahrscheinlich kann dein Kind sich zu Hause stundenlang alleine irgendwie beschäftigen. Das war bei mir auch so. Deswegen ist gar nicht bewusst geworden oder aufgefallen, warum diese Diagnose vielleicht nicht passt. Vielleicht sagst du dir auch, ich möchte mein Kind auch einfach nicht zwingen, etwas zu essen, das es nicht mag. Wir sind, weg von diesem „Es wird gegessen, was auf den Tisch kommt“. Weil du einfach weißt, dass es ihm damit nicht gut geht.
Oder du weißt, dass dein Kind sehr wohl unterscheiden kann, mit wem es gerade spielen möchte oder auch ob es vielleicht keine Lust hat.
Manchmal liegt es einfach auch an dem vorhandenen Umfeld, dass die Bedürfnisse der Einzelnen nicht versteht und akzeptiert.
Das beste Beispiel bin ich selber. Das Umfeld konnte gar nicht darauf reagieren, weil es noch nicht dafür sensibilisiert war.
Und an dieser Stelle möchte ich dir auch noch sagen: „Du trägst keine Schuld.“
Es gibt keine Bedienungsanleitung. Ich glaube, das wissen alle Eltern auf dieser Welt.
Du kriegst dieses Geschenk in die Wiege gelegt und es gibt keine Bedienungsanleitung dazu.
In Verbindung mit der Hochsensibilität hast du einfach noch mal eine besondere Art von Emotionspaket da liegen. Das führt dazu, dass du einfach noch mal anderen Herausforderungen entgegentrittst als normal-sensible Menschen mit so normal-sensiblen Kindern.
Einige Anzeichen dafür, dass du ein HSK hast könnten sein:
Das sind nur einige Anzeichen oder Merkmale und auch keine Garantie.
Wenn du es genauer wissen willst, vereinbare direkt einen Termin mit mir und wir machen gemeinsam einen Test für dein Kind.
Hierzu habe ich fünf Tipps aus dem Bereich „Gruppenaktivitäten und Fördern der sozialen Akzeptanz“ für dich herausgesucht.
Biete deinem Kind unterschiedliche Aktivitäten und Erfahrungen an, indem ihr euch gemeinsam Freizeitprogramme anschaut und es bei Interesse direkt anmeldet. Besorgt euch Bücher über verschiedene Themen und informiert euch über kinderfreundliche Veranstaltungen. Allerdings sollte dein Kind sich nie gezwungen fühlen, genügend Auswahlmöglichkeiten haben und auch die Möglichkeit zu sagen: „Nee, das möchte ich jetzt nicht“ oder „Dazu habe ich gar keine Lust“. Geh dann auch in die Kommunikation und frag nach: „Warum hast du keine Lust? Dann wählen wir das beim nächsten Mal nicht mehr aus“ (Rückhalt bieten)
Vermeide bitte dieses Etikett „schüchtern“ und stelle das Selbstbild deines Kindes in einem positiven Bezugsrahmen dar. Erkläre, dass es völlig in Ordnung ist, wenn man Zeit benötigt, sich auf neue Menschen und Situationen einzulassen. Dass das anderen auch so geht. Dass es dir vielleicht auch so ergangen ist und erzähl kleine Geschichten oder Anekdoten.
Also nutze Rollenspiele und Fantasiespiele um deinem Kind den „Umgang mit Gleichaltrigen“ und das „Knüpfen von Kontakten“ spielerisch beizubringen. Übt gemeinsam einfache Sätze, also Muster Sätze für die Kontaktaufnahme, damit es weiß, wie es sich verhalten soll. Nach dem Motto: „Hallo, ich bin Nicole, hast du Lust, mit mir zu spielen?“ Und mach klar, dass Nervosität oder Lampenfieber okay ist, dass dir das auch so geht. Und wenn das andere Kind dann „Nö“ oder „Nein“ sagt, dass Ablehnung auch sein kann Geh mit deinem Kind in die Diskussion, dass es selber ja auch manchmal sagt „Ich habe jetzt keine Lust, miteinander zu spielen.“ Nehmen wir als Beispiel die Situation, die wir eingangs hatten mit den gemeinsamen Aktivitäten, wo sich der Sohn immer geweigert hat. Frag nach: „Kannst du dich an die Aktivität erinnern? Da wolltest du auch nicht mitmachen. Bei dem Kind das Du gerade gefragt hast ist das dann auch der Fall, wenn es gerade Nein sagt“
Sei dir bewusst, dass der Einstieg in eine Gruppe für HSK schwieriger sein kann als für normal-sensible. Schlag den Betreuern vor, dass dein Kind zunächst einen vertrauten Kontakt knüpft. Vielleicht kennt man den Betreuer, die Betreuerin schon. Oder ein Kind aus der Gruppe steht auch weiter abseits. Also weist darauf hin, dass das ja vielleicht auch noch zurückhaltend ist. „Guck mal, das Kind, der Junge, das Mädchen ist auch neu. Geh doch da mal hin. Vielleicht geht ihr dann zusammen in die Gruppe“. Also bevor man sich der gesamten Gruppe zuwendet, vielleicht außenstehende Kinder ansprechen, die auch alleine da sind und zusammen in die Gruppe einsteigen. Das fällt dann deinem eigenen Kind auch leichter, weil zusammen seid ihr dann auch schon wieder eine kleine Gruppe und könnt gemeinsam da reingehen.
Das fand ich immer ganz großartig, wenn ich etwas schon konnte, was kleinere oder jüngere Kinder nicht konnten. Also ermutige dein Kind in Situationen, in denen es sich gut auskennt, jüngeren Kindern zu helfen oder eine führende Rolle einzunehmen. In einem ungewöhnlichen Umfeld: Es ist ja heute oftmals noch ungewöhnlich, das Mädchen Fußball spielen und super sind. Hier kann Dein Kind helfen und die jüngeren Mädchen unterstützen. Oder Jungs, die hervorragend im Ballett oder im Tanzen sind, die haben dann schnell eine führende Rolle. Man braucht ja auch oft einen Partner bei Ballett oder Tanz. Das stärkt das Selbstbewusstsein und führt zu Anerkennung von anderen.
Das sind nur einige Punkte für den Einstieg.
Wenn du mehr über das Thema wissen möchtest, freue ich mich über dein Abo hier bei meinem Podcast oder bei meinem Newsletter.
Wenn du konkret über dich oder dein Kind sprechen möchtest, dann melde dich gerne für das kostenfreie Orientierungsgespräch.
Außerdem biete ich jeden ersten Sonntag im Monat ein Treffen zum Austausch mit Gleichgesinnten an. Wir treffen uns online (Zoom) und besprechen aktuelle Themen und Herausforderungen. Du willst dabei sein? Dann komm gerne in die Community für Scanner und HSP und verpasse keinen Termin mehr.